_Gemeindehaus Finsterwalde
2023
Client: Stadt Finsterwalde
Service: Brandschutzkonzept, Tragwerksplanung, Gebäudeplanung & Generalplanung.
Mit dem Bau des Gemeindesaales im rückwärtigen Teil des Geländes vor einem knappen Jahrzehnt entwickelte sich der Wunsch nach einer Erweiterung, die sowohl die städtischen Funktionen auf dem Gelände bündeln, als auch die fehlende Foyerfunktion des Saales übernehmen sollte. Ein Proberaum für Musik, Arbeitsmöglichkeiten für den Küster sowie genügend Archivflächen waren weitere programmatische Schwerpunkte.
Konstruktion & Atmosphäre
In Entsprechung des körperhaften Ausdruckes in den Straßenraum verhält sich die Konstruktion im Inneren ebenfalls treu zu Ihrer äußeren Erscheinung. Die konsequente Ziegelbauweise dominiert das Maßsystem aller Bauteile und wirkt zudem im Verbund der Betondecken als bauteilaktiviertes nachhaltiges Heizsystem.
Der vorgegebenen Wirkung der Ziegelflächen folgen alle Holzarbeiten und Einbauten, welche in rot-geölter Eiche ausgeführt sind. Die Drückergarnituren und weiteren Metallarbeiten sind in rotbronze gefertigt und liegen als Schmuckstücke auf den Flächen. Der Dreiklang hebt im Inneren auf einen Raumeindruck im Sinne einer „Ganzheit”, also eines Zusammenkommens der einzelnen Teile im Dienste der größeren Einheit ab.
Die Strategie ist im Umgang mit dem Bestand und dem Stadtraum im Sinne einer Kontinuität zu lesen, welche durch seine Materialität in den Stand versetzt wird, auf angemessene Weise zu altern und so seinen bestehenden Geschwistern im Verlaufe der Zeit näher zu kommen.
Differenz & Ähnlichkeit
Wir haben die Aufgabe als eine Fortschreibung des Kirchenensembles verstanden, welche die stadträumliche Situation durch die ruhige Präsenz des Neubaus und die geschlossene Wirkung des gesamten Ensembles verstärken soll.
Das Neue wird dabei als eine „répétition different“ oder eine „ähnliche Wiederholung” des Alten entwickelt. In der Konsequenz führt dies zu einer Art Zwillingsbau, der eine harmonisierende Differenzerscheinung erzeugt.
Als dieser Strategie inherent, stellt sich das Oszillieren zwischen dem Wunsch nach der eigenständigen Kraft des Neunen, und die notwendige Bezugnahme auf tradierte Elemente des Alten heraus.
In seiner äußeren Gestalt greift das Gemeindehaus die Zweigeschossigkeit des Nachbarn ebenso auf wie die warme Ziegelwirkung des im Ringbrandofen hergestellten Reichsformatsteins. Auch der Eingang und die drei Fensterachsen werden an einer imaginären Symetrieachse gespiegelt übernommen.
Der obere Abschluss des alten Pfarramtes, dessen Schaugiebel historisch das dahinterliegende, einfache Satteldach verbarg, wird im Neubau in die monolithische und körperhafte Erscheinung des Treppengiebels überführt, der sogleich zum wesentlichen Gestaltungsmittel mit raumgebender Kraft wird.
Das räumliche Prinzip im Inneren entwickelt sich, bis auf einige funktionale Schnittstellen, weitestgehend unabhängig
vom Nachbarn und lässt durch seinen SchottengrundrissBezüge zu tradierten Enfiladekirchen entstehen.
Das Erdgeschoss übernimmt neben dem Gemeindebüro im vorderen Teil, hauptsächlich die Aufgabe der Foyerbildung für den dahinterbefindlichen Gemeindesaal. Die Spiegelung des Baukörpers erzeugt an dieser Stelle einen Lichthof, der das gemeinsame Herz der Geschwisterbauten bildet.
Auch die Komplexität im Schnitt wird durch das Einschieben eines Galleriegeschosses, das neben der Technik und dem Notenarchiv auch einen Besprechungsraum aufnimmt, im Unterschied zum Alten Pfarramt in seiner räumlichen Spannung gesteigert.
Im Obergeschoss kommt die Raumgestalt durch den Rhythmus der Schotten und den charakteristischen Treppengiebel mit Oberlicht am stärksten zum Tragen und generiert nach dem Aufstieg durch das innenliegende, gefangene Treppenhaus eine unerwartete Großzügigkeit.
Das Hauptschiff des Baukörpers verschneidet sich in Analogie der sakralen Vorbilder mit dem flacheren Seitenschiff und bildet einen großzügigen, multifunktional genutzten, Raum, der einer Vierung ähnelt. Um im Bild zu bleiben, erzeugen die „Joche” in der Tiefe des Geschosses Arbeitsplätze und Proberäume für die Küsterei mit entsprechenden Lagerflächen.